Die Börsen im Blick - IV. Quartal 2020

Das Schlussquartal an den Börsen war von der Hoffnung auf eine Überwindung der Corona-Pandemie geprägt. Nachdem in der zweiten Oktoberhälfte die beginnende zweite Infektionswelle die Aktienmärkte belastete, führte im November die Meldung zu verfügbaren Impfstoffen zu weiteren Kursgewinnen, so dass etliche Aktienindizes kurz
vor dem Jahresende neue Rekordhochs erreichten.

 

Zinsen, Renten, Währungen und Rohstoffe


Die Anzeichen für eine Erholung der Weltwirtschaft, die im Sommer zugenommen hatten, bestätigten sich. So scheinen in Asien einige Länder, darunter China und Japan, die SARS-CoV-2-Infektionen unter Kontrolle zu haben. Eine deutliche Zunahme der Infektionen gab es vor allem in Europa. Neue Shutdown-Maßnahmen bremsten die sich abzeichnende Konjunkturerholung. Die großen Notenbanken signalisierten, ihre sehr lockere Geldpolitik für längere Zeit fortzusetzen und insbesondere die Zinsen nahe null zu belassen.


Am US-Anleihemarkt setzte sich nichtsdestotrotzder im August begonnene langsame Anstieg der Zinsen fort. Die Rendite von US-Staatsanleihen mit zehn Jahren Laufzeit stieg im vierten Quartal um 0,23 Prozentpunkte auf 0,92 Prozent. Erwartungsgemäß stockte auch die Europäische Zentralbank (EZB) ihr Anleihekaufprogramms (PEPP)
auf. Die Verzinsung von Euro-Anleihen pendelte im Berichtszeitraum in einer engen Bandbreite seitwärts. Zum Jahresende lag die Rendite deutscher Bundesanleihen mit zehn Jahren Laufzeit wenig verändert 0,57 Prozent unter null. Der Bund-Future, Gradmesser für die Kursentwicklung deutscher Bundesanleihen an den Terminbörsen,
verzeichnete im vierten Quartal einen Anstieg um 1,9 Prozent.

 

An den Devisenmärkten pendelte der US-Dollar zunächst weiter um 1,18 Dollar pro Euro, bevor sich die Dollarschwäche im November und Dezember fortsetzte. Diese resultierte aus dem desolaten Eindruck, den das politische System der USA rund um die Abwahl von Donald Trump hinterließ. Im Berichtszeitraum stieg die europäische Gemeinschaftswährung um 4,2 Prozent auf 1,221 US-Dollar pro Euro.

 

Auch gegenüber den Währungen der beiden größten asiatischen Volkswirtschaften China und Japan gab der US-Dollar nach. 3,9 Prozent gegenüber dem chinesischen Renminbi und 2,2 Prozent gegenüber dem japanischen
Yen.


Im vierten Quartal beschleunigte sich der Aufwärtstrend der Kryptowährung Bitcoin. Zunächst galt der unsichere Wahlausgang in den USA als ein Grund für die Suche nach alternativen Anlagemöglichkeiten. Einige Großanleger bekannten sich zu Bitcoin-Investments. Die Ankündigung des Zahlungsdienstleisters PayPal, Bitcoin als Zahlungsmittel zu akzeptieren, befeuerte die Rekordjagd weiter. Der Bitcoin beendete das Jahr 2020 bei rund
29.000 US-Dollar deutlich über dem alten Rekord aus dem Dezember 2017, als eine ähnlich spektakuläre
Rallye den Bitcoin bis auf nahezu 20.000 US-Dollar gebracht hatte. Allein im vierten Quartal 2020 beträgt der Anstieg rund 170 Prozent.

 

Die Rallye der ältesten und wichtigsten Kryptowährung führte auch bei etlichen anderen Digitalwährungen zu steigenden Werten. Bei der Cyberdevise Ripple währte die Freude aber nur kurz. Die vom Fintech Ripple ausgegebene elektronische Zahlungsverkehrsgröße büßte kurz vor dem Jahresende die Hälfte ihres Wertes ein, nachdem die US-Börsenaufsicht SEC Anklage gegen Ripple erhoben hat. Der Vorwurf lautete, es handele sich
nicht um eine Währung, sondern um ein Wertpapier, das registriert werden müsse. Die nach Handelsvolumen
größte Kryptowährungsbörse kündigte daraufhin an, den Handel mit Ripple einzustellen.

 

Die Rohstoffmärkte setzten im vierten Quartal angesichts der guten Aussichten für die Weltkonjunktur ihre Erholung fort. Der Preis für ein Barrel Erdöl stieg um 22 Prozent auf rund 50 US-Dollar. Kupfer, ebenfalls stark vom Wirtschaftswachstum abhängig, stieg um 16 Prozent. Der Dow Jones Commodity Rohstoffpreisindex kletterte im Berichtszeitraum um 16,7 Prozent. Bei den Edelmetallen verteuerten sich jene mit einer größeren industriellen Nachfrage, während sich der Goldpreis letztendlich im vierten Quartal kaum veränderte.


Der Platinpreis stieg um 20 Prozent (auf 1.070 US-Dollar pro Unze) und der Silberpreis immerhin um 13,7 Prozent (auf 26,40 US-Dollar pro Unze). Vor allem die Nachrichten im November, dass es wirksame Corona-Impfstoffe gibt, belasteten das Krisenmetall Gold. Eine Unze Gold kostete am Jahresende mit 1.898 US-Dollar kaum ein Prozent
mehr als Ende September. In Euro sank der Goldpreis aufgrund der Dollarschwäche sogar ein Prozent auf 1.593 Euro.

 

Aktienmärkte

 

Zunächst bremsten die Sorgen um den Anstieg der Corona-Infektionszahlen den Aufwärtstrend an den Aktienmärkten. Als die Meldungen zur Pandemie die Befürchtungen einer zweiten, gegenüber dem Frühjahr größeren Welle bestätigten, kam es Ende Oktober vorübergehend zu stärkeren Kursverlusten. In den USA belastete zudem der politische Streit um ein zweites großes Corona-Hilfspaket die Börse. Eine Gewinnwarnung
von Europas größtem Software-Hersteller SAP und mit Enttäuschung aufgenommene Quartalsberichte einiger US-Tech-Konzerne führten Ende Oktober zum höchsten Wochenverlust seit dem Crash im März.


Dann wandte sich die Aufmerksamkeit den Wahlen in den USA zu. Der demokratische Herausforderer Joe Biden setzte sich gegen Amtsinhaber Donald Trump durch, ohne gleichzeitig eine Mehrheit im Senat zu erreichen. Die Aktienmärkte honorierten diese Konstellation mit hohen Kursgewinnen, weil sie eine Rückkehr zu vernünftiger,
faktenbasierter und gemäßigter Politik erwarten lässt.

 

Die Aussicht auf einen wirksamen Covid-19-Impfstoff ermutigte Anleger zu Aktieninvestments. Dabei kam es zu Umschichtungen von den seit April favorisierten „Corona-Gewinnern“, vor allem Unternehmen mit Online-Geschäftsmodellen, zu den Krisenverlierern der vergangenen Monate wie Aktien aus der Reise- und der Finanz-Branche. Auch stärker von der Konjunktur abhängige, sogenannte „zyklische“ Aktien profitierten. Im Spannungsfeld
zwischen steigenden Corona-Infektionszahlen und der Hoffnung, dass die zur Verfügung stehenden Impfstoffe den Siegeszug des Virus beenden werden, kletterten die Aktienmärkte bis zum Jahresende weiter. Erste Entscheidungen des gewählten US-Präsidenten Joe Biden wie die mögliche Berufung der früheren Notenbankpräsidentin Janet Yellen zur Finanzministerin wurden an den Börsen positiv aufgenommen.

 

Der Anstieg des Ölpreises im November half nun vor allem dem russischen Aktienmarkt. Nachdem der November gestützt auf die Abwahl vom Trump und die Impfstoffmeldungen für viele Aktienindizes der beste Monat seit vielen Jahren war, bremsten Gewinnmitnahmen den Start in den Dezember. Die europäischen Aktienmärkte wurden zudem vom Anstieg des Euro belastet, der zum US-Dollar erstmals seit April 2018 über 1,20 Dollar/Euro stieg. In der zweiten Dezemberhälfte drückten Sorgen um Mutationen des Covid-19-Virus auf die Stimmung, bevor schließlich die Streitigkeiten um ein Handelsabkommen der EU mit Großbritannien und um ein zweites Corona-
Hilfspaket in den USA noch kurz vor dem Jahresende beigelegt werden konnten.

 

Die Aussicht auf eine starke Erholung der Weltwirtschaft bei anhaltender Unterstützung durch Staaten und Notenbanken ließ einige Aktienindizes vor dem Jahreswechsel auf neue Rekordhöhen steigen. Der MSCI Weltaktienindex verzeichnet für das vierte Quartal einen Anstieg um 13,6 Prozent. Die kleineren Aktien, die im ersten Halbjahr stärker gelitten hatten, setzten ihre Aufholjagd fort. Der entsprechende weltweite Aktienindex für Nebenwerte stieg um 23,6 Prozent. Überdurchschnittlich blieb die Erholung der meisten asiatischen Aktienmärkte
(MSCI Asien plus 18,6 Prozent). Europa (plus 15,3 Prozent) setzte zur Aufholjagd gegenüber dem US-Aktienmarkt an (MSCI USA plus 12,7 Prozent). Noch stärker war die Kurserholung in Schwellenländer-Regionen, die im Jahresverlauf tiefer in die Verlustzone gerutscht waren: Lateinamerika (plus 34,1 Prozent) und Osteuropa
(plus 20,2 Prozent).

 

Am US-amerikanischen Aktienmarkt beendete der S&P-500-Index das vierte Quartal mit einem Anstieg um plus 11,7 Prozent bei 3.756 Punkten und der populäre Dow Jones Industrial Average mit plus 0,2 Prozent bei 30.606 Zählern, was für beide neue Rekordstände bedeutet. US-amerikanische Nebenwerte setzten zu einem Schlussspurt
an. Der Russell-2000-Index für kleinere Aktien stieg im vierten Quartal um 31,2 Prozent.


Die europäischen Aktienmärkte entwickelten sich erstmals in diesem Jahr nicht schlechter als die Wallstreet. Der Euro-STOXX-50-Index beendete den Berichtszeitraum mit einem Anstieg um 11,2 Prozent bei 3.552,6 Punkten. Deutsche Aktien schnitten leicht unterdurchschnittlich ab, was auch an den Kursverlusten beim Indexschwergewicht
SAP lag. Der deutsche Leitindex DAX konnte im vierten Quartal einen Zuwachs von 7,5 Prozent bei 13.719 Zählern knapp unter seinem am Vortag erzielten neuen Rekordstand von 13.903 Punkten für sich verbuchen. Der TecDAX legte nur um 4,6 Prozent zu, womit sich die Nebenwerteindizes MDAX (plus 4,0 Prozent) und SDAX (plus 18,2 Prozent) erneut besser entwickelten.


Der paneuropäische STOXX-50 blieb mit einem Anstieg um 7,0 Prozent auf 3.108 Zählern schwächer als der entsprechende Index für Euroland. Nachdem dies im Jahresverlauf vor allem am britischen Aktienmarkt aufgrund des Konfrontationskurses der britischen Regierung gegenüber der EU gelegen hatte, war im vierten Quartal vor allem die unterdurchschnittliche Performance der großen schweizerischen Aktien der Grund. Der britische Leitindex FTSE-100 stieg im Berichtszeitraum um 10,1 Prozent, der „Swiss Market Index“ (SMI) der Börse Zürich hingegen nur um 5,1 Prozent.

 

Eine Aufholjagd erlebten einige kleinere europäische, insbesondere zentral- und osteuropäische Aktienmärkte. Der österreichische ATX Index stieg um 31,9 Prozent, der griechische Athex Composite Index um 29,5 Prozent, der russische RTX-Aktienindex um 21,1 Prozent und der CECE-Index für die zentraleuropäischen Aktienmärkte
immerhin um 19,0 Prozent.


Auch an den asiatischen Aktienmärkten ging es im vierten Quartal aufwärts. Spitzenreiter blieben, wie schon im dritten Quartal, Taiwan (plus 17,7 Prozent), Indien (plus 25,7 Prozent) und Südkorea (plus 23,4 Prozent). Die Börse in Seoul verdankt ihren Höhenflug mit einem Jahresplus von gut 30 Prozent vor allem dem Indexschwergewicht
Samsung Electronics. Der im dritten Quartal vorausgelaufene chinesische Shanghai B-Index konsolidierte allerdings die Kursgewinne der Vormonate, sodass sich für das Abschlussquartal ein Rückgang um knapp zwei Prozent ergibt.

 

Der Handelsplatz Hongkong profitierte unterdessen von der Deeskalation des Konfliktes zwischen der
Volksrepublik und der lokalen Demokratiebewegung. Der Hang Seng Index stieg im Berichtszeitraum um 16,1 Prozent. Der japanische Aktienmarkt legte gemessen am populären Nikkei-225-Index um 18,4 Prozent zu,
gemessen am repräsentativeren Topix um 11,0 Prozent. Damit kann auch der japanische Aktienmarkt das Gesamtjahr mit einem Zugewinn beenden.


Die Aktien von Goldminenbetreibern litten unter dem Rückschlag beim Goldpreis im November. Der FT Goldmines Branchenindex verzeichnet für das vierte Quartal einen Rückgang um 10,0 Prozent.